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WIE LÄSST SICH EIN KURS ANRECHNEN




Off-University steht für kostenfreien Zugang zu kritischem Wissen für alle. In einer idealen Welt wäre es nicht nötig, über Leistungspunkte und Abschlüsse zu schreiben, weil alle Menschen frei auswählen könnten was und in welcher Form sie lernen möchten. Stattdessen sind formale Bildung und andere Formen der Qualifikationsprüfung zur Voraussetzung für alle möglichen Jobs geworden. Gleichzeitig wird Bildung immer teurer: In vielen Ländern ist es eine lebenslange Investition, einen Universitätsabschluss zu erlangen.

 

Aus Freude und Neugier zu lernen, ohne dafür nachweisbare Qualifikationen für den Lebenslauf zu erhalten, ist somit zum Luxusgut geworden, das nur Wenigen zugänglich ist. Vor diesem Hintergrund liegt Off-University viel daran Kurse anzubieten, die den Teilnehmenden bei erfolgreichem Abschluss von einer anerkannten Universität zertifiziert werden.

 

Für die meisten Kurse bedeutet dies, dass eine deutsche öffentliche Universität den Kurs entweder selbst veranstaltet und als ihren eigenen zertifiziert oder ihn als in Qualität und Arbeitsaufwand äquivalent zu einem der ihren anerkennt. In beiden Fällen besteht die Währung, in der der Wert eines Off-University Kurses ausgewiesen wird, in ECTS-Punkten1, einem standardisierten Leistungsvergabesystem für Universitäten im Europäischen Hochschulraum (EHEA). Dieser beinhaltet 48 Länder, wie diese Liste zeigt.


Das European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) wurde ursprünglich entwickelt, um die grenzüberschreitende Mobilität von Studierenden an unterschiedlichen Universitäten im Europäischen Hochschulraum zu erleichtern. ECTS Kreditpunkte geben die Zahl der Stunden an, die nötig sind, um ein Seminar abzuschließen. Ein ECTS Kreditpunkt ist übersetzbar in einen Kursarbeitsaufwand von 25-30 Stunden. Dadurch werden Universitätskurse untereinander vergleichbar und können auf internationaler Ebene ausgetauscht werden.

 

Die rechtliche Grundlage für die Anerkennung und Austauschbarkeit von Kreditpunkten ist die Lissabon Konvention von 1997. Sie lautet folgendermaßen2.

 

Seit die Lissabon-Konvention ratifiziert wurde, sind die unterzeichnenden Staaten auf unterschiedliche Weise mit ihrer Umsetzung umgegangen. Im deutschen Kontext bietet beispielsweise das Projekt Nexus Richtlinien für Universitätsangestellte, wie Studienzeiten an anderen Institutionen der Hochschulbildung anerkannt werden können. Obwohl ein großer Teil der Anerkennung von Studienzeiten wie z.B. Seminarleistungen vom Land, der Universität, sowie der individuellen Verwaltung der Fakultät oder des Instituts abhängig sind, werden einige generelle Grundsätze auch bereits in der 1997 Konvention festgelegt.


Ein wichtiger Grundsatz ist die notwendige Anerkennung von Studieninhalten, die sich nicht wesentlich unterscheiden. (Lissabon Konvention Artikel IV.1). Ein wesentlicher Unterschied ist definiert als ein Unterschied zwischen Qualifikationen, der so wesentlich in Hinsicht auf Lernziele, Qualität der Institution, Niveau, Arbeitsaufwand und Profil ist, dass er die Teilnehmenden mit großer Wahrscheinlichkeit daran hindern würde, ihre weiterführenden Studien oder Forschung zu verfolgen3.


Weiterhin herrscht Beweislastumkehr, falls ein Zertifikat die relevanten Bedingungen nicht erfüllt. Das bedeutet, dass die Verantwortung bei der Universität liegt, die um Anerkennung gebeten wird. Weder ihr – als Zertifikatsinhaber*innen – noch die ausstellende Institution sind verantwortlich dafür, die Gleichwertigkeit der Leistung nachzuweisen. (Lissabon Art. III. 3(5)). Als Zertifikatsinhaber*innen seid ihr lediglich der Mitwirkungspflicht schuldig, also angewiesen im Prozess der Anerkennung zu kooperieren und notwendige Informationen zur Verfügung zu stellen.

 

Anerkennung von Off-University Studienleistungen

 

Normalerweise erhalten Teilnehmende an Off-University Kursen ein Zertifikat, sowie einen Leistungsüberblick von einer akademischen Institution. Für Studierende, die an einer Universität im Europäischen Hochschulraum eingeschrieben sind, bedeutet das konkret, dass sie ihr Prüfungsamt, oder Auslandsbüro auffordern können, ihr Zertifikat nach Erhalt als Studienleistung im Rahmen ihres eigentlichen Studiums anzuerkennen.

 

Es sind jedoch nicht nur Studierende innerhalb der Europäischen Hochschulregion, die ihre Teilnahme an einem Off-University Kurs als Qualifikation geltend machen können. Da ECTS Kreditpunkte mittlerweile auch über die Grenzen von europäischen Universitäten hinaus Qualifikationswert erlangt haben, können auch Teilnehmende, die an einer Universität außerhalb des Europäischen Hochschulraums, oder überhaupt nicht eingeschrieben sind, die ECTS-Punkte in ihrem Zertifikat nutzen, um ihre Expertise im Bereich des Kursinhalts nachzuweisen. Dies kann nicht nur in vielen Arbeitsbereichen, sondern auch bei der Bewerbung für Stipendien und Anderes hilfreich sein.

 

Hier ist eine Schritt-für-Schritt Anleitung, euer Off-University Zertifikat als Studienleistung für euren Abschluss an einer Universität im Europäischen Hochschulraum anerkennen zu lassen:


1. Sobald ihr euch zum Kurs angemeldet habt, zeigt die Literaturliste des Kurses der/dem Studiengangsbeauftragten und fragt, ob der Kurs, an dem ihr teilnehmen möchtet, zum Curriculum eures Studiengangs passt.*oder einer anderen Abteilung in eurer Institution, die Leistungszertifikate anerkennt. Normalerweise ist das der/die Erasmuskoordinator*in, das Prüfungsamt, oder die Studienberatung eurer Fakultät.


2. Schließt euren Off-University Kurs ab, indem ihr die Kursanforderungen erfüllt.


3. Antwortet auf die Nachricht der/des Kursassistent*in am Ende des Kurses und fragt nach einem Zertifikat.


4. Erhaltet euer Zertifikat mit ECTS-Kreditpunkten.


5. Kontaktiert eure*n Studiengangsbeauftagte*n und legt das Zertifikat vor. Bittet sie, euren Kurs als Studienleistung für euren Abschluss anzuerkennen.


6. Falls ihr Schwierigkeiten haben solltet, meldet euch bitte über Coworkingsquares, und wir versuchen, das Problem zu lösen.

 

Footnotes

Abschnitt V – Anerkennung von Studienzeiten

 

Artikel V.1

 

Jede Vertragspartei erkennt Studienzeiten an, die im Rahmen eines Hochschulprogramms in einer  anderen Vertragspartei abgeschlossen wurden.  Diese Anerkennung umfaßt diese Studienzeiten für den Abschluß eines Hochschulprogramms in der Vertragspartei, in der die Anerkennung angestrebt wird,  sofern nicht  ein  wesentlicher Unterschied zwischen den  in einer anderen Vertragspartei vollendeten Studienzeiten und dem Teil des Hochschulprogramms, den sie in der Vertragspartei ersetzen würden, in der die Anerkennung angestrebt wird, nachgewiesen werden kann.

 

Artikel V.2

Im Übrigen reicht es aus, wenn eine Vertragspartei es einer Person, die eine Studienzeit im Rahmen eines Hochschulprogramms einer anderen Vertragspartei abgeschlossen hat, ermöglicht, eine Bewertung dieser Studienzeit auf ihr Ersuchen zu erwirken, und

 

Artikel V.1

in solchem Fall sinngemäß angewendet wird.

 

Artikel V.3

Insbesondere erleichtert jede Vertragspartei die Anerkennung von Studienzeiten, wenn:

  • zwischen der für die entsprechende Studienzeit verantwortlichen Hochschuleinrichtung oder  zuständigen Behörde einerseits und  der  für  die  angestrebte Anerkennung verantwortlichen Hochschuleinrichtung oder  zuständigen Behörde andererseits zuvor eine diesbezügliche Vereinbarung geschlossen wurde und
  • die  Hochschuleinrichtung, an  der  die  Studienzeit abgeschlossen worden ist,  eine Bescheinigung oder einen Nachweis der Studienleistungen ausgestellt hat, aus denen hervorgeht, daß  der  Student die  für  die  betreffende Studienzeit festgelegten Voraussetzungen erfolgreich erfüllt hat.

 

3 https://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-01-Tagungen/07-01-61-Qualitaetssicherung_Dresden/PPP_MW_Grundlagen.pdf

4 For a best practice example, please read our blog post from January 2020: https://off-university.com/en-US/News/Detail/transferring-off-university-credits

5 Here is a suggestion by Hochschulforum Digitalisierung for university’s how to deal with extracurricular digital achievements (p.19): https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr35_Anrechnung_digitaler_Lehrformate.pdf

Foto von Vasily Koloda